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Ausgewählte Fragen des Urheberrechts

von: Marcus Baumann-Gretza, EGV, Rechtsamt, 30.01.2018

A. Grundsätzliches

Grundsätzlich darf niemand ohne Erlaubnis des Rechteinhabers geschützte Werke verwerten oder nutzen, d. h. insbesondere vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich zugänglich machen. Ob dies über die klassischen Printversionen oder über andere Medien (wie z. B. das Internet) geschieht, ist irrelevant.

 Unter den Werkbegriff fallen insbesondere:

  • Sprachwerke wie z. B. Gedichte, Novellen, Erzählungen, Romane, Zeitungsartikel oder Computerprogramme;
  • Msikwerke (Melodien und Liedtexte);
  • Kunstwerke, einschl. Baukunst und angewandte Kunst;
  • Lichtbildwerke (Fotografien) und
  • Filmwerke.

 Was urheberrechtliche Werkqualität hat hängt insbesondere davon ab, ob es sich um eine persönliche geistige Schöpfung handelt oder nicht (vgl. § 2 Abs. 2 UrhG). Das ist in vielen Fällen nicht auf Anhieb eindeutig zu erkennen. Typisches Beispiel sind Natur- und Landschaftsaufnahmen, die – je nachdem in welchem Ausmaß sich eine persönliche geistige Schöpfung darin manifestiert – urheberrechtlichen Schutz genießen können oder nicht. Man ist im Zweifel also gut beraten, Vorsicht walten zu lassen.

 Das Urheberrecht erlischt grundsätzlich 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 Abs. 1 UrhG) bzw. dem Tod des längstlebenden Miturhebers (§ 65 Abs. 1 UrhG). Das heißt, dass nicht nur der Erschaffer eines Werkes, sondern nach dessen Tod ggf. auch seine Erben bzw. Rechtsnachfolger Inhaber der Urheberrechte sein können. Ist die Frist des § 64 UrhG bei einzelnen genutzten Werken abgelaufen, sind urheberrechtliche Überlegungen jedoch in jedem Fall obsolet. Typisches Beispiel sind Musikwerke wie „Stille Nacht“ (soweit es sich nicht um eine zeitaktuelle Neubearbeitung handelt).

 Verstöße gegen das Urheberrecht können Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche der Rechteinhaber begründen (§§ 97 ff. UrhG) und als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bzw. Bußgeld geahndet werden (vgl. §§ 106 ff. UrhG).#

B. Nutzung von Bildern und Texten in Pfarrbriefen und auf Internetseiten

Insbesondere bei der Nutzung von Bildmaterial und Texten in Pfarrbriefen oder auf Internetseiten ist Vorsicht geboten. Schon die unerlaubte Vervielfältigung oder öffentliche Verbreitung etwa eines Kirschblüten-Fotos, einer Kurzgeschichte oder eines Gedichtes kann gravierende Folgen haben. Wenn Fotos oder Texte urheberrechtlich geschützt sind, muss sich der verantwortliche Rechtsträger (zumeist ist das die jeweilige Kirchengemeinde) die Verwertung/Nutzung nämlich zuvor vom Rechteinhaber gestatten lassen, eine Lizenzgebühr entrichten und eine Urheberangabe machen. Geschieht dies nicht, können kostspielige anwaltliche Abmahnungen die Folge sein. Das „Entdeckungsrisiko“ ist – entgegen weit verbreiteter Meinung – relativ hoch.

C. Vervielfältigung von Noten und Liedtexten (aktualisiert Nov. 2020)

Urheberrechtlich geschützte Noten und Liedtexte dürfen grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des Rechteinhabers vervielfältigt oder öffentlich verbreitet werden. Um den betroffenen Kirchengemeinden, Orden und sonstigen kirchlichen Einrichtungen, Werken und Verbänden das aufwändige Einholen der Einwilligung und die ebenfalls aufwändige Rechnungslegung zu ersparen, besteht zwischen dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und der VG Musikedition seit vielen Jahren ein Gesamtvertrag über die Verwertung urheberrechtlicher Nutzungsrechte im Rahmen des § 53 Abs. 4 UrhG. Weder melde- noch vergütungspflichtig sind hiernach die Vervielfältigungen von Liednoten und -texten in Einzelkopien und in Liedheften bis zu acht Seiten für den Gebrauch während eines Gottesdienstes oder einer anderen liturgischen Feier. Informationen über die Art und den Umfang der eingeräumten Rechte enthält das im Kirchlichen Amtsblatt für die Erzdiözese Paderborn – KA – 2015, Stück 1, Nr. 22 abgedruckte Merkblatt. Durch den 6. Nachtrag vom 29.04./11.05.2020 wurde der vorstehende Gesamtvertrag verlängert bis einschließlich Dezember 2029. Durch einen 7. Nachtrag vom 26.08./17.09.2020 wurde ergänzend zu den genannten Rechtseinräumungen zusätzlich das Recht gewährt, Lieder/Liedtexte im Zusammenhang mit der zeitgleichen und zeitversetzten Übertragung von Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen gottesdienstlicher Art öffentlich zugänglich zu machen. Infolgedessen sind nunmehr auch Liedtext-Einblendungen in Gottesdienst-Streams kostenlos und ohne Anmeldung möglich, jedoch zunächst nur befristet bis zum 31.12.2022.

Der VDD hat im Oktober 2020 mitgeteilt, zusätzlich zu der bestehenden pauschalvertraglichen Vereinbarung einen neuen Gesamtvertrag mit der VG Musikedition geschlossen zu haben, durch den für bestimmte weitere, nicht bereits pauschalvertraglich abgedeckte Nutzungen ein Nachlass i.H.v. 20% auf die gesetzlichen Tarife eingeräumt wird. Diese Nachlassregelung gilt zum einen für Vervielfältigungen und Nutzungen während einer gottesdienstlichen Feier, die über den bereits pauschalierten Bereich hinausgehen, so etwa auch der Sichtbarmachung der Lieder/Liedtexte/Noten im Gottesdienst oder einer anderen Gemeindeveranstaltung mittels Beamer. Zum anderen gilt die Nachlassregelung für die Vervielfältigungen von Liednoten und -texten nicht nur im Gottesdienst, sondern auch bei allen sonstigen im kirchlichen Bereich stattfindenden Veranstaltungen außerhalb liturgischer Feiern. Zu nennen sind in diesem Bereich etwa Veranstaltungen der Kinderbetreuungseinrichtungen, der Aus-, Weiter- und Familienbildungsstätten sowie in Einrichtungen der Altenpflege.

Als Hilfestellung für die Meldung aber auch für die Einordnung der jeweiligen Nutzungen im Rahmen von Vervielfältigungen von Liednoten und -texten haben der VDD und die VG Musikedition einen Meldebogen konzipiert. In dem Meldebogen sind einzelne Nutzungen von Kopien und Vervielfältigungen aufgeführt in den Kategorien „weder melde- noch vergütungspflichtig“ (II. 2. a)) und „melde- und vergütungspflichtig“ (II. 2. b)).

Bzgl. der näheren Einzelheiten verweisen wir auf den beigefügten Meldebogen, der auch über die Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz abgerufen werden kann.

Wichtiger Hinweis: Der Gesamtvertrag gilt nur für Rechte, die von der VG Musikedition wahrgenommen werden. Das ist nicht bei jedem urheberrechtlich geschützten Werk der Fall. Im Zweifel wird eine klärende Anfrage bei der VG Musikedition empfohlen.

 

D. Verwendung von Liedtexten und Melodien in Gottesdiensten, § 46 UrhG

§ 46 UrhG (sog. „Schulbuchparagraph“) schränkt die Urheberrechte im Interesse der Allgemeinheit (Jugenderziehung und Religionspflege) ein. Die Vorschrift wurde 2003 im Zuge der Umsetzung der EU-Multimediarichtlinie neu gefasst. Nach § 46 Abs. 1 UrhG ist es u. a. zulässig, veröffentlichte Werke der Musik von geringem Umfang (z. B. Liedtexte)

  • als Elemente einer Sammlung, die
  • Werke einer größeren Anzahl von Urhebern vereinigt und
  • nach ihrer Beschaffenheit nur für den Kirchengebraucht bestimmt ist

 zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen.

 Unter § 46 Abs. 1 fallen typischerweise kirchliche Gesang- oder Gebetbücher, sofern sie zum ausschließlichen Gebrauch in der Kirche vorgesehen sind, d. h. in Gottesdiensten oder kirchlichen Feiern, die kultischem Zweck dienen (z. B. Taufe, Hochzeit, Stundengebete, Andachten oder Feierstunden). Insbesondere Gesang- und Gebetbücher können deshalb unter § 46 UrhG fallen. Nicht von der Privilegierung erfasst werden hingegen Sammlungen wie das Gotteslob, da diese auch für die „häusliche Erbauung“ oder das „Beten im Familienkreis“ bestimmt sind (Schricker, Kommentar zum Urheberrecht, 4. A. 2010, § 46, Rn. 11).

 § 46 Abs. 1 UrhG schränkt den Urheber zwar hinsichtlich seines Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts sowie bezüglich des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung ein, entbindet den Verwerter/Nutzer jedoch nicht davon die Vervielfältigung oder die öffentliche Zugänglichmachung dem Urheber gem. § 46 Abs. 3 UrhG anzuzeigen und dem Urheber eine angemessenen Vergütung zu zahlen (vgl. § 46 Abs. 4 UrhG).

Hinsichtlich der Vergütung für Liednutzungen im gottesdienstlichen Kontext ist immer zu prüfen, ob die Gesamtverträge zwischen dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und den Verwertungsgesellschaften „Musikedition“ und „GEMA“ über Pauschalabgeltungen zum Tragen kommen (vgl. hierzu Merkblätter in KA 1999, Stück 3, Nr. 54 und KA 2015, Stück 1, Nr. 22, bzw. den Meldebogen der VG Musikedition (Einzelheiten hierzu unter C.).

E. Öffentliche Aufführung von Musikwerken - neu ab Juni 2018

Zu den Einzelheiten verweisen wir auf das Merkblatt des VDD „Merkblatt zur Nutzung von Musikwerken bei kirchlichen Feiern (GEMA)“.

F. Was ist zu tun?

Prüfen Sie vor jeder Verwertung/Nutzung sorgfältig, ob das jeweilige Werk (Text, Lied, Bild, Foto) urheberrechtlich geschützt ist. Dazu kann eine Recherche im Internet oder eine Anfrage bei der jeweiligen Verwertungsgesellschaft hilfreich sein. Lässt sich die Frage nicht zweifelsfrei klären, verzichten Sie im eigenen Interesse auf eine Nutzung, insbesondere Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Aufführung. Haben Sie einen Rechteinhaber ermitteln können, treten Sie mit diesem in Kontakt und lassen sie sich die beabsichtigte Nutzung lizensieren.

Bei der öffentlichen Aufführung von Musikwerken oder der Vervielfältigung von Noten und Liedtexten können ggf. Sonderregelungen aus den Gesamtverträgen des VDD mit den Verwertungsgesellschaften GEMA bzw. VG Musikedition zum Tragen kommen (sh. Ziff. E).

Tragen Sie dafür Sorge, dass insbesondere das Einstellen von Inhalten auf Internetseiten nur durch Personen erfolgt, die auf die urheberrechtliche Problematik hingewiesen wurden und die sich entsprechend auskennen.

Wenn Sie wegen eines Urheberrechtsverstoßes eine (anwaltliche) Abmahnung erhalten, wenden Sie sich bitte unverzüglich an die Rechtsabteilung des Generalvikariates oder an einen Fachanwalt für Urheberrecht. Lösungsvorschläge in Internetforen sind oft oberflächlich und lückenhaft; sie mögen zur Erstinformation taugen, sind für eine fundierte rechtliche Einschätzung aber in der Regel unbrauchbar. (Wenn Sie einen eigenen Anwalt beauftragen, reichen Sie uns den zugehörigen KV-Beschluss bitte zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung ein. Eine Entscheidung erfolgt in der Regel kurzfristig.)

Erkennen Sie ohne vorherige rechtliche Beratung niemals Ansprüche Dritter an, geben Sie keine Erklärungen ab und leisten Sie keine Zahlungen! Von gegnerischen Anwälten gesetzte Fristen sollten Sie bei der Organisation Ihrer Verteidigung aber berücksichtigen, da ansonsten eine Klageerhebung droht und im Zweifel nur unnötige weitere Kosten produziert werden.

 


Es handelt sich um eine allgemeine Erstinformation ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Die folgenden Schlagworte wurden dem Artikel zugewiesen: Pfarrbrief, Urheberrecht, Liedtexte, GEMA

Ansprechpersonen

Heide Mohr

Ansprechperson Grundsatzfragen Friedhofsrecht/Fiedhofssatzung (Erzbischöfliches Generalvikariat)
Ansprechperson Grundsatzfragen Erbangelegenheiten (Erzbischöfliches Generalvikariat)
Ansprechperson Grundsatzfragen Vereinsrecht (Erzbischöfliches Generalvikariat)
05251 125-1295

Annette Koch

Ansprechperson Grundsatzfragen Inkasso und Leihverträge (Erzbischöfliches Generalvikariat)
Ansprechperson Grundsatzfragen Gema und Urheberrecht (Erzbischöfliches Generalvikariat)
05251 125 1210

Angela Kühle

Ansprechperson Grundsatzfragen Zivilrecht (Erzbischöfliches Generalvikariat)
Ansprechperson Grundsatzfragen Vertragsgestaltung (Erzbischöfliches Generalvikariat)
Ansprechperson Grundsatzfragen Urheberrecht (Erzbischöfliches Generalvikariat)
Ansprechperson Grundsatzfragen Steuern (Erzbischöfliches Generalvikariat)
Ansprechperson Grundsatzfragen Spenden (Erzbischöfliches Generalvikariat)
05251 125 1209